Menschen sprechen uns an. Junge Menschen, alte Menschen, Paare, Familien, Kinder, mit den unterschiedlichsten Intentionen und Fragen. Und wenn sie uns nicht ansprechen, dann lächeln sie uns zu. Winken Rosie. Schäkern mit ihr. Manchmal werfen sie mir auch mitleidige Blicke zu, wobei ich bemerke, dass die positiven Reaktionen und bestärkenden Worte deutlich zunehmen, seit Rosie ihren Rolli selbst steuern kann. Ein Kind, das im Rolli geschoben wird, wird definitiv anders wahrgenommen als ein Kind, das selbst durch die Gegend flitzt.
Wie dem auch sei, Fakt ist: wir fallen halt einfach auf und werden daher selten ignoriert. Es gibt allerdings eine Spezies, die hier die große Ausnahme bildet, und das sind schwangere Frauen.
Wer mich kennt, der weiß, dass ich gar kein Problem damit habe, nicht angesprochen zu werden. Im Gegenteil. Meistens hätte ich einfach gerne meine Ruhe. Aber eigenartig ist es schon, dass diese ganz bestimmte demographische Gruppe so signifikant anders auf uns reagiert als der Rest. Schon seit einer ganzen Weile fällt mir auf, dass Frauen, die einen Babybauch vor sich herschieben, nie meinen Blick suchen. Sie drehen sich weg, versuchen, Rosie möglichst auszublenden, und wenn sie doch einmal zu uns schauen, dann kann man in ihrem Gesicht genau zwei Worte lesen: „Bitte nicht!“ Denn für diese Frauen stellen wir vorrangig eines dar, nämlich eine Zukunft, die sie auf keinen Fall möchten.
Im Grunde verstehe ich das. Als ich schwanger war, war meine größte Angst ja auch, dass irgendwas mit meinem Kind „nicht in Ordnung“ sein könnte. Diverse Rechnungen für privat finanzierte Pränataluntersuchungen zeichnen hier ein deutliches Bild meines damaligen Gemütszustands. Tja. Man möchte das Schicksal für derlei feine Ironie einfach highfiven, oder?
Heute waren Rosie und ich spazieren, und nachdem bei uns gerade „Indian Summer“ mit entspannten Temperaturen und postkartenkitschig verfärbten Blättern herrscht, waren wir dabei natürlich ganz und gar nicht alleine unterwegs. Den drei Kugelbäuchen, die uns auf unserem Weg entgegengekommen sind, und die sich große Mühe gegeben haben, uns geflissentlich zu übersehen, möchte ich jedenfalls, voller ehrlichem Verständnis und auf keinen Fall vorwurfsvoll oder gar gekränkt, folgende, hoffentlich beruhigende Worte mit auf den Weg geben:
Mein Kind hat eine Behinderung. Die macht unser Leben oft anstrengend, hart und herausfordernd. Manchmal auch schmerzvoll. Das lässt sich nicht schönreden.
Mein Kind hat aber auch einen Charakter. Und der macht unser Leben lustig, spannend, liebevoll, und hin und wieder sogar zuckerig schön und zauberhaft.
Ich gebe zu, ich habe selbst ein wenig Zeit (und Therapie) gebraucht, um das zu verstehen. Aber Behinderung hin oder her. Es kann einem durchaus Schlimmeres passieren, als ein Kind wie Rosie zu haben. Die ist nämlich echt super. Und sie hat mich definitiv besser gemacht. Meistens ist unser Leben ziemlich leiwand. Ehrlich. Keine Angst.
Da gibt’s nichts hinzuzufügen liebe Katharina!
Einfach wieder toll geschrieben!
LG Kornelia 🤗
Genauso ist es und wer ein Problem damit hat – dad ist sein Problem. Ich kenne euch leider nicht persönlich, Rosie ist ein wirklicher Sonnenschein 🌞. Ich sehe das seit ich bei MOMO ehrenamtlich tätig bin nochmal ein bisschen anders. Alles liebe Helmut 😍