Wenn im Wald ein Baum umfällt, und keiner ist da, um es zu hören, macht er dann überhaupt ein Geräusch? Und wenn im Haus eine Frau die Kinder erzieht, und keiner ist da, um es wertzuschätzen, hat sie dann überhaupt etwas geleistet? Was wären wir bloß ohne derlei Fragen… vermutlich ein bissl weniger philosophisch unterwegs, aber dafür der Gleichberechtigung einen Schritt näher.
Um eine etwaige, internationale Leserschaft nicht zu verwirren, sollte ich zunächst darüber aufklären, was das Wort „schöpfen“ im Kontext der Überschrift bedeutet. Hier in Österreich bezeichnet man damit nämlich nicht (nur), wie im restlichen deutschsprachigen Raum, das Entnehmen von Flüssigkeiten mittels eines Gefäßes oder der hohlen Hand. Nein, in diesen, meinen Breiten lässt sich „schöpfen“ (gesprochen „schepfn“), genauso wie das vergleichbar klangvolle „hackln“, auch mit „arbeiten“ übersetzen. Dem interkulturellen Bildungsauftrag wurde hiermit einmal mehr erfolgreich genüge getan, gern geschehen.
Zurück aber zum eigentlichen Thema. Aufgrund der, allem Feminismus zum Trotz, immer noch vorherrschenden, eher traditionellen Rollenverteilung, bestehen (in Familien mit Kindern) die Aufgaben der Mütter meist nur zu einem Teil aus Erwerbsarbeit. Weil, samma uns ehrlich: wenn hier jemand in Teilzeit geht, dann ist sie es. Macht ja auch Sinn, da er mehr verdient. Aber das ist eine ganz eigene Diskussion, welche aufzumachen sich in der Kürze eines Blogbeitrags kaum auszahlt. Wer sich mit dem Thema Gender Gap näher beschäftigen möchte (und damit ist nicht nur der Gender PAY Gap gemeint), dem kann ich Alexandra Zykunovs „Was wollt ihr denn noch alles?“ wärmstens empfehlen. Eine erfrischende, erhellende und ernüchternde Lektüre, nach deren Konsum man „fuck the patriarchy“ an Hauswände sprayen möchte.
Das Problem mit Care Arbeit, Mental Load und Haushaltsführung ist allerdings, dass sie schwer messbar sind. Am Ende des Tages gibt es keinen leeren Posteingang, am Ende der Woche kein abgeschlossenes Projekt, und, was noch viel wichtiger ist: am Ende des Monats gibt es keinen Zahlungseingang auf dem Konto. Was man dafür bekommt, sind Trotzanfälle, Kinderkrankheiten und pubertätshormonell initiierte Nettigkeiten, die einem im Tiefflug von der undankbaren Brut um die Ohren geschossen werden. Und kündigen kann man auch nicht. Die Jahresabschlussprämie ist ein seliges „aber wenn sie dich dann einmal anlächeln!“ Ich hätt irgendwie lieber einen Scheck.
Ich weiß schon, dass das alles so klingt, als würde ich mit meiner Mutterschaft hadern. Das soll es aber nicht heißen. Womit ich hadere, ist die Rolle der Mutter in unserer Gesellschaft. Ich wollte ein Kind. Alle meine Freundinnen, die welche haben, wollten Kinder. Und alle sind wir im Grunde gerne Mütter. Aber ich kenne keine einzige, die sich nicht immer wieder an gesellschaftlichen Konventionen die Zehen anhaut.
Das beginnt schon dabei, dass wir alle bestimmt schon mal gefragt wurden, wo wir denn „das Kind gelassen“ hätten, wenn wir mal ausgehen. Rosies Papa, und auch alle anderen Väter in meinem Freundeskreis, kennen diese Frage nicht. Dafür werden sie, sollten sie zufällig mal alleine mit den Kindern angetroffen werden, unverhältnismäßig oft gefragt, wo denn die gerade Mama sei, und ob die mal „frei“ hätte. Daher glauben sie wohl auch, dass es normal ist, von der Welt gelobt zu werden, wenn sie etwas mit ihren Kindern unternehmen. Sie sind dann nämlich „engagierte Väter“, denen selbstverständlich Applaus entgegengebracht wird. Eine Mutter, die mit ihren Kindern spielt, ist einfach nur eine Mutter, da kann sie noch so engagiert sein.
Zugegeben, die meisten Männer, die ich kenne, empfinden es nicht als heldenhaft, sich an der Aufzucht des eigenen Nachwuchses schon mal aktiv beteiligt zu haben. Sie stellen die Bewunderung, die ihnen oft dafür entgegengebracht wird, allerdings auch nicht wirklich in Frage. Weil ein bissl gebauchpinselt werden, das ist halt schon irgendwie nett.
Mit Spielen und Entertainen ist es halt leider meist nicht getan, den was in aller Regel, neben Haushalt, Einkauf und den mysteriöserweise nie kleiner werdenden Wäschebergen an den Müttern hängenbleibt, sind die eher unbeliebten (und vor allem unbeliebt machenden) Aufgaben: für Struktur und Ordnung zu sorgen, zum Lernen zu motivieren, Arzttermine auszumachen und einzuhalten, rechtzeitig an Geburtstagsgeschenke für die eigenen und die befreundeten Kinder zu denken, dafür zu sorgen, dass das Lieblingsshirt für die Einladung am Wochenende auch ja gewaschen ist, die Schulsachen wieder und wieder auf Vollständigkeit zu überprüfen, bei den Hausübungen zu helfen, an die Wichtigkeit von Jacken, Hauben und Handschuhen zu erinnern, zur Eile anzutreiben, zum Aufräumen aufzufordern, und im Wesentlichen dauernd irgendwie lästig zu sein, um die vielen kleinen und großen Bälle, die der Alltag mit sich bringt, in der Luft zu halten. Und wehe, es fällt einmal ein Ball hinunter. Dann vergessen die lieben Kleinen ganz schnell, dass sie gerne mal die Augen verdrehen, wenn die Mama ihnen wieder mal wegen irgendwas am Keks geht, und es wird, meist hysterisch brüllend, eine Antwort auf die, in den mütterlichen Ohren recht zynisch klingende Frage: „WIESO HAST DU MICH NICHT DARAN ERINNERT??“ gefordert. Wie man es also macht, am Ende ist man immer schuld. Ein undankbarer Job.
Aber das ist nicht das eigentliche Problem, denn dass Kindererziehung mit einem gewissen Aufwand verbunden sein wird, das war uns schon irgendwie vorher klar, so naiv sind wir nicht an die Sache mit der Fortpflanzung herangegangen. Das Problem ist es, dass es sich scheinbar in den Köpfen der Menschen festgesetzt hat, es würde sich bei all diesen Dingen nicht um echte Arbeit handeln. Der beste Beweis dafür ist es, dass sich der Begriff „Mutterschaftsurlaub“ als Synonym für den mehrwöchigen Mutterschutz rund um die Geburt so weit durchgesetzt hat, dass er sogar im Duden steht. Ich weiß ja nicht, wie andere Mütter das so sehen, aber ich kann mich an kaum eine Zeit erinnern, die sich weniger nach Urlaub angefühlt hat.
Haushaltsführung ist Arbeit. Care-Arbeit ist Arbeit. Kindererziehung ist Arbeit. Und das muss dringend zum gesellschaftlichen Konsens werden. Wer sich hauptsächlich um die Kinder kümmert, hat genauso viel Mitspracherecht bezüglich der Verteilung des Familieneinkommens, wie der/die Hauptverdiener*in (ich gendere hier eigentlich nur aus Prinzip, weil… eh schon wissen). „Dafür gibt mein Mann sicher kein Geld aus“ ist ein Satz, den so viele Frauen sagen, und den sie eigentlich nicht einmal denken sollten. Meine Damen, es ist auch euer Geld.
Des Weiteren bemisst sich der Wert der persönlichen Zeit nicht dadurch, womit sie verbracht wird, er wird aber dennoch höher eingeschätzt, je mehr Bezahlung damit verbunden ist. „Ich wollte deinen Mann damit nicht behelligen“ ist daher noch so ein Satz, der viel zu oft ausgesprochen wird. Leider auch von Frauen, denn jahrhundertelanges Brainwashing geht nicht spurlos an einem vorbei. Die Reinigungskraft in der Firma von Rosies Papa ruft zum Beispiel mich an, wenn es etwas Organisatorisches zu klären gibt, obwohl ich damit eigentlich gar nichts zu tun habe. Denn sie „möchte ihn deswegen nicht stören“. Aha. Ich bezweifle, dass sich irgendjemand, der eine Frage beantwortet haben wollte, schon mal die Frage gestellt hat, ob er MICH vielleicht grade stört. Mütter kann man nicht stören. Die haben Zeit. Und Nerven. Für alles. Und außerdem können sie doch bitte multitasken. Sind ja schließlich Frauen, die haben das drauf!
Klar haben sie das drauf, aber warum? Weil es in der Geschichte der Menschheit vielleicht sieben bis zehn Mal vorgekommen ist, dass ein Familienmitglied empört gefragt hat: „Papaaaaa!! Wieso ist mein Lieblingsshirt noch nicht gewaschen? Wo ist mein Turnsackerl? Warum hast du nicht daran gedacht, dass ich 10€ in die Schule mitnehmen muss?“ Im Leben der durchschnittlichen Mutter passiert das sieben bis zehn Mal vor dem ersten Kaffee.
Es ist kein Job, für den man sich ins Business-Kostüm wirft und eine Firma betritt. Aber es ist ein Job. Mit Mitarbeitern, Partnerunternehmen, Meetings, Deadlines, Budgets, Stress und Druck. Ein Job, der einen durchaus auch mal überfordern kann. Und ein Job, bei dem einem im Falle eines drohenden Burnouts nicht nur kein Verständnis, sondern oftmals auch noch Kopfschütteln und ein leicht vorwurfsvolles „wieso kriegt sie das denn nicht gebacken?“ entgegengebracht wird. Und das muss sich dringend ändern.
Daher einmal laut und mit Nachdruck, sodass es auch in der hintersten Reihe zu hören ist:
Solange wir nicht mit einem Cocktail am Pool liegen, während das Personal sich um Kinder, Haushalt und die Organisation der Familie kümmert, sind wir hier verdammt nochmal nicht auf Urlaub, und haben es uns verdient, dass unsere Leistungen honoriert werden. Von unseren Partnern, unseren Familien, der Gesellschaft, dem Staat, und auch von uns selbst. Erkennt euren Wert, Schwestern!
Ich glaub, ich geh dann mal einen BH verbrennen. Dann wird nämlich auch der Wäscheberg kleiner.
Wieder mal einfach auf den Punkt gebracht liebe Katharina!
Liebe Grüße Kornelia
Danke dir meine Liebe! Wenn wir laut und hartnäckig genug sind, wird sich vielleicht mal was ändern…
Alles Liebe!
Ich erkenne da mich und alle meine Mama Freundinnen wieder…sehr treffend formuliert!! Busserl Claudia
Erschreckend, wie viele (moderne, gebildete, emanzipierte) Frauen sich in diesen Worten wieder erkennen… hab ungewöhnlich viele Nachrichten dazu bekommen. Falls nochmal jemand fragt, wieso wir Feminismus brauchen – that´s why!
Alles richtig!
Leider…
Dem ist nichts hinzuzufügen!
Außer vielleicht: es gibt noch viel zu tun…
Lustig, gerade gestern Abend hab ich mir gedacht, das gibs ja nicht dass keines der mittlerweile relativ grossen Kids mal Papa schreit.
Papa, wo ist die Socke? Papa, darf ich noch was essen? Papa, bitte den Test unterschreiben? Papa, was gibs morgen zum Essen? Papa, was hältst du von …..? Ohhhh….. das wäre wunderbar ☺️
Ja, default mode ist eindeutig „Maaamaaaa!“