Da sind wir also wieder, mitten in der steirischen Einöde, in einem Ort, in dem das Aufregendste, was man machen kann, ein Ausflug zur Wallfahrtskirche ist, und umgeben von Hügeln, die dem schönen Wetter meistens den Weg versperren. Die erste, entsprechend spannende, Woche haben wir geschafft, drei liegen noch vor uns.
Abgesehen von den überschaubaren Entertainmentangeboten fühlt es sich aber erstaunlich gut, oder zumindest „erstaunlich nicht schlecht“ an, wieder hier zu sein. Beim zweiten Mal kennt man eben bereits alles, muss nicht jeden Namen neu lernen, weiß schon, wo die Waschmaschine steht, und wann sie am ehesten frei ist, welches Essen man am besten nicht auswählt, und bei wem man sich noch vor der ersten Nacht die rückenschonende Matratzenauflage organisiert, von deren Existenz man beim letzten Mal erst nach zwei schmerzhaften Wochen erfahren hat.
Das Einzige, woran ich nicht gedacht habe, ist, ausschließlich dunkle Shirts einzupacken, weil diese Steirer vermutlich sogar den Schokoladenpudding am liebsten mit Kernöl servieren würden, wenn man sie nur ließe. Ich bin also meist spätestens ab 12 Uhr mittags grün gesprenkelt unterwegs. Wer mir jetzt vorschlägt, die Sachen zum Flecken-Ausbleichen einfach auf die Terrasse zu legen, den verweise ich nochmal an den Anfang des Beitrags. Bei fünf Sonnenstunden pro Woche muss Klorix das schaffen, wofür die UV-Strahlung nicht ausreicht.
Wie schon beim letzten Mal stellt sich, vielleicht auch begünstigt durch die Buche-Furnier-Einrichtung im Jugendherbergsstil, ein gewisses Skikurs-Feeling ein, inklusive unterschwelliger „Dem würd´ ich gern mal an die Wäsche“ – Vibes, die mein feines Radar auf den Gängen und im Speisesaal einfängt.
Singlevätern auf der Suche nach Liebe kann ich nur empfehlen, mit ihrem Kind auf Reha zu fahren. Da werdet ihr gefeiert, als wärt ihr mindestens eine Mischung aus Marlin (aus „Findet Nemo“) und Chris Hemsworth (aus meinen schmutzigen Träumen), und was man hier bei den Müttern für völlig selbstverständlich hält (sich mit dem Kind beschäftigen, es füttern, ihm die Haare kämmen, mit ihm blödeln und es liebhaben), wird bei euch von allen Seiten beklatscht und bejubelt. Das monotone Hintergrundgeräusch, dessen Herkunft ich seit einer Woche versuche zu ergründen, rührt also vermutlich daher, dass manch eine Dame hier (Gäste wie Personal übrigens) „brummt als wie ein Trafohütterl“, sobald so ein Superdad vorbeischwebt. Nichts ist scheints so sexy, wie ein guter Vater zu sein, und mit meiner Meinung, dass die Typen hier nicht explizit „gute“ Väter sind, sondern halt einfach nur Väter (die verdammt nochmal ihren Job machen, so wie die Mütter eben auch), stehe ich irgendwie ziemlich allein da.
Wer meiner Meinung nach wirklich abgefeiert werden sollte, sind die Omas, die als Begleitperson für ihre Enkel hier sind. Die haben immerhin schon jahrelang bei ihren eigenen Kindern abgeliefert, und stellen jetzt ihre Zeit und ihre Nerven nochmal zur Verfügung, um ihre Familien zu entlasten, und das teilweise für mehrere Wochen am Stück, 24 Stunden am Tag. Das find ich stark, das kann man loben. Ein Vater, der Verantwortung für sein eigenes Kind übernimmt, ist in meinen Augen halt noch nicht automatisch ein Superstar. Aber das ist eine ganz eigene Diskussion.
Die Therapien laufen bisher recht gut, und nachdem ich diesmal bereits am Anreisetag bei mehreren Entscheidungsträgern deponiert habe, dass wir nicht zum Spaß hier sind, und das Bärli ruhig gefordert werden darf, sind unsere Tage großteils angenehm voll. Also angenehm für mich, weil ich mir nicht ununterbrochen ein Unterhaltungsprogramm aus dem Allerwertesten ziehen muss. Rosie findet ihr intensives „Sportprogramm“ fürchte ich nur so mittelgut, aber da muss sie jetzt durch, es soll ja was weitergehen.
Blöderweise hat sie, die im Normalfall mit einem bemerkenswert guten Immunsystem ausgestattet ist, beschlossen, sich ausgerechnet in dieser Woche eine kaum in den Griff zu bekommende Rotznase zuzulegen. Unsere Nächte sind aufgrund des röchelnden Kindes also entsprechend anstrengend, und meine Geduld ist daher bereits am Ende der ersten Woche auf ein Niveau gesunken, das ich frühestens für das letzte Drittel unseres Aufenthaltes eingeplant hatte.
Dazu kommt, dass ich vorhabe, die Zeit hier diesmal für ein bisschen Selfcare, Detox und Bauch-Bein-Po-Optimierung zu nutzen. Also kein Kühlschrank voller verbotener Piccolos, sondern Kräutertee und Kuscheldecke. Hygge statt heimlichem Prosecco, und Sport statt Schoki. Mal sehen, wie lange das gut geht! Noch bin ich voll der allerbesten Absichten, aber falls es mir trotzdem die Nerven fetzt, muss der Mann vor seinem Wochenendbesuch halt doch beim Wein & Co vorbeischauen. Eine unentspannte Mama nützt hier niemandem etwas, und wenn sie noch so schlank und entgiftet ist!