Reha-Life Woche 2

Drama, Baby! In der letzten Woche sind einige neue Familien angereist, zudem gab es eine organisatorische Änderung. Das Ergebnis sind spektakuläre Beflegelungen und obszöne Gesten auf den Klinikgängen. Was soll ich sagen, es ist herrlich. Aber von Anfang an.

Hier im Haus stehen für die Patienten zwei Waschmaschinen zur Verfügung, und bisher galt das Prinzip: first come, first serve. Es konnte also leicht passieren, dass man zehnmal umsonst in Richtung Waschküche gewandert ist, bis beim elften Mal endlich eine Maschine frei war. Wieso man dafür kein besseres System einführen kann, habe ich mich schon während unseres letzten Aufenthalts gefragt.

Offenbar war ich damit nicht allein, denn seit Ende letzter Woche liegen bei den Schwesternstützpunkten Hinweise auf, man möge sich doch bitte in die neue Liste neben den Waschmaschinen eintragen, um sich eine Zeit zu reservieren. Grundsätzlich eine deutliche Verbesserung zur alten „Gut-Glück“-Regelung, nur dauert es jetzt logischerweise etwas, bis alle, die schon seit Wochen (und zudem bereits zum zweiten, dritten oder zehnten Mal) hier sind, bemerkt haben, dass es eine Umstellung gab, während die Neuankömmlinge es natürlich gleich sehen, da sie sich jeden Aushang viel genauer anschauen, bzw. schon am Tag der Anreise fragen, wie das hier mit dem Waschen so läuft.

Was dabei herauskommt, ist, dass man zu seiner gebuchten Zeit in die Waschküche geht, und trotzdem beide Maschinen besetzt sind, nicht aus Bosheit oder Rücksichtslosigkeit, sondern einfach, weil sich noch nicht im ganzen Haus herumgesprochen hat, dass man sich ab sofort zum Waschen eintragen muss. So weit, so wurscht, möchte man meinen, und nachdem wir hier eh alle keine dringenden Termine haben, für die genau das eine, spezielle Outfit unbedingt sauber sein muss, könnte man eine gewisse Entspanntheit aller Beteiligten während dieser Übergangsphase erwarten. Könnte man. Damit läge man aber gewaltig daneben.


Ich möchte den Protagonisten des Wäschedramas zugutehalten, dass ein Reha-Aufenthalt mit einem behinderten Kind durchaus in die Kategorie „psychische Ausnahmesituation“ fällt. Wenn aber Mutter 1 erbost die halbfertige Wäsche von Mutter 2 aus der Maschine fetzt, die beiden sich hiernach mehrsprachig beflegeln, die eine damit droht, der anderen die Haare auszureißen, und die andere wiederum der einen den Mittelfinger entgegenstreckt, begleitet von der Empfehlung, sie dort zu lecken, wo die Sonne nicht scheint, dann fragt man sich schon, was da falsch rennt. Mein voyeuristisches Ich fand’s natürlich saugeil. Passiert ja sonst nix hier!

Abgesehen von der „Detergent-Opera“ (see what I did there?) ist diese Woche recht unspektakulär verlaufen. Rosies Tage waren gut gefüllt, und ich habe das Gefühl, dass ihre Spinnenbeinchen sich langsam, aber sicher zumindest wieder in Richtung Froschschenkel entwickeln. Sie aus ihrer Comfort Zone zu locken ist allerdings nach wie vor eine Herausforderung, und mein frustriertes Auskotzen darob gegenüber der Ergotherapeutin hat mir gleich mal ein paar besorgte Fragen der hiesigen Psychologin eingebracht, das hat man vom Konzept der Interdisziplinarität. Was ich brauche, ist allerdings keine psychologische Unterstützung, diesen Part deckt meine hervorragende Therapeutin in Wien zu meiner vollen Zufriedenheit ab. Hilfreich wäre eine Zeitmaschine, mit der ich uns 2 Wochen in die Zukunft befördern kann, denn nach dem Wahnsinn des letzten halben Jahres habe ich einfach keine Lust mehr auf den Scheiß, und will nur noch möglichst schnell zurück in unseren präoperativen Alltagswahnsinn, den hatte ich nämlich zumindest so halbwegs im Griff. Ob ich Ms Shrink mit dieser Antwort kalmieren konnte, werde ich daran sehen, ob ich nächste Woche wieder einen Termin bei ihr habe.

Es gibt ein paar neue Mütter, die durchaus motiviert sind, auch mal abends zusammen zu sitzen und sich auszutauschen, sodass Rosie und ich uns nicht mehr jeden Tag zwischen Abendessen und Schlafengehen ausschließlich miteinander beschäftigen müssen. Das freut uns, denn wir finden einander schon ein bisschen öd. Für alle, die entsprechende Wetten diesbezüglich abgeschlossen haben: das bedeutet selbstverständlich auch, dass der Detox-Plan beendet ist, denn mit Prosecco tratscht sich´s besser. Eineinhalb Wochen hab ich durchgehalten, immerhin.

Wir haben also Halbzeit, und ich kann kaum in Worte fassen, wie sehr ich die nächsten Monate herbeisehne, mit unserem herrlich berechenbaren Alltagsprogramm aus Kindergarten, Haushalt, Wäsche, Therapien, Kochen, Arbeit und Arztterminen. Die Routine, über die man sich manchmal so gerne aufregt, weiß man nämlich erst dann wieder zu schätzen, wenn man sie mal eine Weile lang nicht hatte!

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