Mein nächstes Kind wird sicher fett

Nicht, dass die Frage, ob es überhaupt ein nächstes Kind geben wird, bereits auch nur im Ansatz entschieden wäre. Falls wir dem Abenteuer Nachwuchs aber tatsächlich noch eine Chance geben sollten, müsste ich vermutlich alles, was es zum Thema Ernährung bei Kindern zu wissen gibt, neu lernen.

Da Rosie ja schon immer ein schwieriger Esser war, achteten wir in den letzten Jahren natürlich, auch auf ärztlichen Rat hin, weniger darauf, WAS sie aß, sondern vielmehr darauf, DASS sie aß. Die Devise hieß: „Hauptsache Kalorien“, und da ihr natürlich auch das Kauen, Schlucken, sich nicht Ver-schlucken und die gesamte Koordination des Essvorgangs immer schwerer gefallen sind als anderen Kindern, hieß das oft genug: Schokopudding.

Auch heute, wo wir den Umstieg auf „normale“, und nicht bis zur Unkenntlichkeit pürierte Nahrung einigermaßen geschafft haben, würde das sogenannte gesunde Essen, das Rosie so zu sich nimmt, vermutlich nicht zum Zunehmen reichen. Deswegen wird sie, neben Nudeln, Gemüse, Fleisch und Obst, auch mit so ziemlich allem vollgestopft, was schon einmal den goldenen Windbeutel für besonders dreiste Werbelügen gewonnen hat, also mit genau den Sachen, von denen uns eingeredet wird, sie würden mit recht vielen Vitaminen und Calcium der Entwicklung unserer Kinder dienen, von denen wir aber eigentlich wissen, dass sie beinahe ausschließlich aus Fett und Zucker bestehen.

Vermutlich ist das der Grund, wieso ich mich als Snackverantwortliche bei den Kindern meiner Freundinnen meist größter Beliebtheit erfreue. Reiswaffeln sollen andere mitnehmen, bei mir gibt es Fruchtzwerge, Milchschnitten, Monte, Schwedenbomben und natürlich jede Menge Schokolade. Kombiniert mit meiner Unfähigkeit, einem Kind, das gerne essen möchte, Selbiges zu verwehren, führt das dann schon mal dazu, dass ich so ganz nebenbei eine Dreiviertelpackung Pombären an den Zweijährigen meiner Freundin verfüttere, was sowohl bei ihm als auch bei mir für Verzückung sorgt.

„Mit Maß und Ziel“, ist etwas, was ich bei diesem Thema nicht kenne, da ich seit nunmehr drei Jahren in einer „Alles, was geht“ Routine stecke, und aus meiner Haut einfach nicht raus kann. Mehr als einmal musste ich bereits von besorgten Eltern gebremst werden, die Angst hatten, dass ihr Kleinkind sich später im Zuckerschock um 23 Uhr von Lampe zu Lampe schwingt. Aber für wen es normal ist, den Grießkoch mit Schlagobers statt mit Milch anzurühren, der macht sich eben keine Gedanken darüber, ob die vierte Kinderschokolade jetzt wirklich noch eine gute Idee ist.

Wenn ich daran denke, was ich früher, in den Tagen der seligen Ahnungslosigkeit (soll heißen: vor dem Kind) zum Thema Ernährung zu sagen hatte, muss ich immer wieder lachen. Alleine der Satz: „Kleinkinder brauchen keine Butterkekse, wenn´s auch Zwieback gibt!“, treibt mir noch heute die Schamesröte ins Gesicht, ob der selbstherrlichen Überzeugung, die ich da ganz obergscheit vor mir hergetragen habe. Ein eigenes und einige Freundeskreiskinder später weiß ich mittlerweile nämlich, dass man sich mit Zwieback auch bei völlig normal entwickelten Kindern brausen gehen kann, und dass ein paar Bewohner des Leibnitz-Zoos immer noch besser sind als gar keine Jause.

Zugegeben, die Kalorienbomben, die ich für Rosie im Kühlschrank bunkere, sind schon sehr weit außen auf der Skala zwischen Hirsegrütze und einem Deep Fried Mars Bar, aber ich kenne eigentlich niemanden, der seine hehren Ernährungsgrundsätze bei den eigenen Kindern dann auch wirklich durchzieht. Für „gegessen wird, was auf den Tisch kommt“, hat niemand in meinem Freundeskreis immer die Nerven, und so gibt es dann doch in vielen Familien den 14. Tag in Folge Nudeln mit Butter und ein kleines Sackerl Haribo Tropi Frutti hintennach, damit das Kind auch Obst bekommt. Also fühle ich mich irgendwie doch in bester Gesellschaft, während ich dem Bärli mit den Worten: „Jetzt iss bitte endlich deine Schokolade!“ eine weitere Katzenzunge in den Mund stecke. So lange sie zumindest noch 2-3 Mal pro Tag ihr Fläschchen trinkt, steht immerhin Onkel Hipp mit seinem Namen dafür, dass sie so schnell nicht an Skorbut erkranken wird. Und wenn das mal nicht mehr so ist, dann gibt´s halt ein paar Löfferln Sanostol – das hat bei uns schon damals in den 80ern, als Extrawurstsemmeln als ausgewogene Schuljause galten, für rosige Bäckchen und ausreichend Vitamine gesorgt. Und aus uns ist ja auch was geworden.

close

Blog abonnieren

Du möchtest in Zukunft keinen Blogbeitrag mehr verpassen? Dann trage einfach hier Deine E-Mail-Adresse ein und erhalte neue Blogbeiträge automatisch in Dein E-Mail-Postfach.

Hiermit stimmst du ausdrücklich nur der Information über neue Beiträge per E-Mail zu. Dies ist keine Anmeldung zu einem Newsletter oder ähnlichen automatischen Emails. Und Deine Daten sind bei mir natürlich sicher und werden nicht an Dritte weitergegeben!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert