Reha-Life Woche 4

Da habe ich vier Wochen lang heftig Sport gemacht und keine Schoki gefuttert, und schau noch immer nicht aus wie Heidi Klum. Dafür ähnelt mein Busen langsam, aber sicher, dem von Kate Moss. Was lernen wir daraus? Das Leben ist ungerecht, man nimmt prinzipiell an den falschen Stellen ab, und Selbstkasteiung lohnt sich nicht.

Hinter uns liegen zwei Wochen Isolation, eine Woche Krankenhaus, sechs Wochen Lagerungskissen, zehn Tage Covid (ja, es hat uns auch erwischt) und vier Wochen Reha. Dazwischen gabs irgendwann noch Osterferien und ein paar Tage Durchatmen, aber im Wesentlichen herrscht bei uns seit Februar Ausnahmezustand.


Jetzt ist es bald Juni, der neue Pool ist gefüllt und bereit, beschwommen zu werden, der Garten blüht, und gleich biegt der Mann um die Ecke, um das Bärli, mich und etwa 150 kg Gepäck aufzusammeln und zurück in die Heimat und, hoffentlich, in die Normalität zu bringen.

An dieser Stelle muss ich unser großartiges Mädchen mal ausgiebig loben, denn wenn die letzte Zeit für mich schon anstrengend war, dann will ich mir gar nicht vorstellen, wie mühsam sich die vergangenen Monate streckenweise für sie angefühlt haben müssen. Und trotzdem war sie meistens gut gelaunt, hat gestrahlt und gelächelt, tapfer ihre Schmerzen ertragen und hart trainiert, um wieder etwas Kraft zu bekommen. Eine echte Kämpferin! So sehr sie mich manchmal in den Wahnsinn treibt, so sehr meistert sie ihr Leben, ihre Behinderung, und alles, was damit verbunden ist, wirklich großartig.

Die letzte Woche hier hat sich, wie erwartet, eine gefühlte Ewigkeit gezogen. Gegen Ende werden die Tage einfach noch länger, die Nerven noch dünner und die Sehnsucht nach daheim noch größer. Pünktlich zum Samstag hat sich, vermutlich wegen der Tradition, die Sonne hinter eine graue Wolkendecke zurückgezogen, und dieses Kaff wird auch wirklich nicht spannender, egal, wie viele neue Wege man zum Supermarkt, zur Kirche oder zu den verdammten Alpakas findet. Dass der örtliche Friedhof für so ein kleines Dorf unverhältnismäßig groß ist, und es nicht nur ein, sondern gleich zwei Bestattungsunternehmen gibt, wundert mich nicht. Ich würde auch lieber gegen eine Wand fahren, als hier zu leben.

Aber genug des morbiden Schmähs, schließlich möchte ich ja auch jene Leser nicht vergraulen, die außerhalb Wiens aufgewachsen sind und den Tod daher ernster nehmen als ich.

Mein Fazit der letzten Monate lautet jedenfalls:

  • Wir haben wieder mal eine Herausforderung gemeistert, vor der ich anfangs ganz gehörigen Respekt hatte.
  • Sowohl Rosie als auch der Mann und ich haben ein stabiles Netzwerk, dass immer für uns da ist, und für das ich unendlich dankbar bin.
  • Das Leben hält auch in anstrengten Zeiten viele kleine Freuden bereit, wenn man offen dafür ist, sie auch zu sehen.
  • Kärnten ist eindeutig leiwander als die Steiermark. Mag sein, dass ich hier familiär bedingt etwas vorurteilsbehaftet bin, aber meine Meinung steht spätestens nach den letzten vier Wochen unerschütterlich fest.
  • Alpakas verlieren beim Scheren nicht nur die Wolle, sondern irgendwie auch ein Stück ihrer Würde, vor allem, wenn man den Wuschel am Kopf stehen lässt, und sie überall sonst „nackt“ sind. Wer da nicht lacht, ist innerlich tot.
  • Für Detox bin ich nicht geschaffen, manche Tage muss ich mir einfach schön trinken.
  • Kindergarten ist einfach „the shit“, das wird einem nach monatelanger Pause wieder so richtig bewusst. (BTW: Bezahlt die Pädagog*innen besser!!! Wir brauchen sie!!!)
  • Trotz allem bin ich gerne Mama (ein Gedanke, der mich in den letzten Monaten immer mal wieder hat lächeln lassen).
  • Der Mann ist einer von den Besseren.
  • Meine Mädels sind mein Anker.

Jetzt haben wir es geschafft, und ich kann kaum glauben, dass es vorbei ist. Das Bärli schaut erwartungsvoll auf mich und den riesigen Gepäckberg, und fragt sich, was Mama da noch hektisch tippt, aber die Abschlussworte gehören halt noch geschrieben. Aufs Frühstück haben wir gepfiffen, ich habe dem Mann aufgetragen, uns am Heimweg groß auszuführen, das haben wir uns verdient. Wir warten also ungeduldig aufs „Brummen von am Mercedes Diesel“ (obwohl es eigentlich ein Nissan ist, aber da gibt´s halt kein Lied dazu), und dann tauchen wir erst mal ab. In den neuen Pool, in den Sommer, ins Leben!

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3 Gedanken zu “Reha-Life Woche 4”

  1. Danke für die Reha-Erlebnisse! Herrlich geschrieben, hab schon wieder was von dir gelernt, das mir grad sehr hilft. Ich wünsche euch von ganzem Herzen einen wunderschönen Sommer!

    1. Jetzt hast du mich echt neugierig gemacht, womit ich dir helfen konnte. Lass mich raten: du pfeifst aufs Abnehmen und buchst deinen Steiermarkurlaub auf eine Woche Faakersee um 🙂

      Aber ganz ernsthaft, das würde mich tatsächlich interessieren, weils ja vielleicht auch einen Einfluss darauf hat, auf welche Themen ich in Zukunft mal besonders eingehen kann. Feedback also immer von Herzen erwünscht!

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